Pressebericht zur Aufführung in Hardheim

Die Herausforderungen des Lebens annehmen

„Gottesspiel“ von Wilfried Röhrig beleuchtete die Beziehung zu Gott anhand einer spannenden Geschichte für Jung und Alt

Die Vorführungen der Darsteller des Musicals „Gottesspiel“ sorgten für viel Schwung und Abwechslung. Foto: Adrian Brosch

Hardheim. (adb) Ein wahrlich „musicalisches“ Ereignis war am Sonntag die Uraufführung des Musicals „Gottesspiel“. Von Wilfried Röhrig verfasst, beleuchtet es die Beziehung zu Gott an einer spannenden Geschichte für Jung und Alt. Die Aktualität der Geschichte spiegelte sich im Publikum wieder: Auf dem Schlossplatz waren alle Generationen anzutreffen. Nach kurzer Begrüßung durch Pfarrer Christian Wolff und Wilfried Röhrig selbst gaben die Akteure den Ton an.

Ausgangsposition ist ein geselliger Spieleabend, bei dem nicht nur der Gewinn des Spiels verkündet wird: Eva und Thomas geben ihren Freunden Leo, Nina, Niklas und Sarah erfreut bekannt, in wenigen Monaten ihren „Hauptgewinn“ in Form von Nachwuchs zu erwarten. Das kleine „Gottesgeschenk“ kam zu einem Zeitpunkt in ihr Leben, an dem sie schon gar nicht mehr damit gerechnet hatten: „Man erfindet Gott nicht, man findet ihn“, bemerkt Thomas. Findet man ihn vielleicht sogar in seinem eigenen Kind?

Aber das Leben hat Höhen und Tiefen: Kaum hat die neue Woche begonnen, findet sich Thomas im Büro seines Abteilungsleiters wieder. Herr Dold lobt Thomas‘ Produktivität und Fachwissen, um ihm ein Angebot zu unterbreiten: Er könnte der Firma bei der Weiterentwicklung an vorderer Front behilflich sein. Der Preis aber ist hoch: Er müsste eine Wochenend-Ehe eingehen, um das 200 Kilometer entfernte Werk zu betreuen. Thomas gerät in eine erste (Glaubens-)Krise: „Was hat Gott mit uns vor?“, fragt er sich. Vielleicht hat eines der packenden Lieder eine Antwort parat: Die nachdenkliche Hymne „Manchmal spricht Gott leise“ erklärt auch dem Publikum auf dem Schlossplatz, dass Gott „manchmal vage und manchmal ganz konkret“ helfe.

Nachdem Thomas und Eva diesen Schlag gerade so verwunden haben, kommt die nächste tragische Botschaft in ihr Leben: Ihr Freund Leo, gerade 50 geworden und Familienvater, erkrankt an Leukämie. Doch es gibt Perspektiven: Eine Knochenmarkstransplantation könnte Leo helfen – gesetzt den Fall, ein Spender wird gefunden. Zusammen mit dem Pfarrgemeinderat initiiert Thomas ein Planungstreffen, bei dem die Aktion „Wir retten Leo“ aus der Taufe gehoben wird: Freunde halten schließlich erst recht dann zusammen, wenn Retter in der Not gesucht werden. Aber das Projekt stößt nicht überall auf Zustimmung: Thomas trifft ebenso auf Personen, die ihm jedes Recht an seiner Hilfsbereitschaft abzusprechen versuchen – Gott allein ist es doch, der als eine Art „Zauberer“ über Leben und Tod zu entscheiden und Kranke wieder gesund zu machen hat – oder eben auch nicht.

Entgegen aller Euphorie schlägt bald die Stunde Null: Obwohl ein Spender gefunden war, überlebt Leo nicht. Thomas und Eva sind am Boden zerstört, während ein sonderbarer Vorfall nur noch weiter Öl ins Feuer gießt: Thomas‘ Eltern besuchten zwar die Beisetzung, doch waren ihnen Leo und seine fröhliche, weltlich gehaltene „Abschiedsfeier“ – die er sich so gewünscht hatte – nicht fromm und nicht katholisch genug. Hier entsteht ein Generationskonflikt, wie man ihn aus dem Alltag kennt: Junge Menschen wie Thomas und Eva möchten Dinge verändern, die „Älteren“ aber halten an tradierten Werten und Glaubensbildern fest. Unter Beifall des Publikums prangern die Titelhelden die Pfunde an, mit denen der Klerus dieser Tage wuchert – auch den skandalösen Missbrauch durch Geistliche. Aber Thomas stellt sich gerade angesichts Leos Tod eine andere Frage: „Was ist, wenn der liebe Gott nicht mehr lieb ist?“ Eine Frage, die das Chanson „Karfreitag“ treffend analysiert – nachvollziehbar, ernsthaft und mit Tiefgang.

Zahlreiche Besucher verfolgten am Sonntag das Musical „Gottesspiel“ auf dem Schlossplatz. Fotos: Adrian Brosch

Ohne es zu merken, schlingern Thomas und Eva nicht nur in eine Glaubens-, sondern auch in eine ernsthafte Ehekrise hinein – um sich im Sprechzimmer Frau Epplings wieder zu finden. Thomas fühlt sich von Eva, seinen Eltern und der Firma eingeengt. Er hinterfragt auch das Dogma, das ihm einstweilen seine Eltern vermittelt hatten: Ist Gott ein strenger und leicht reizbarer Herrscher? Oder ist er eine Persönlichkeit, auf die und deren Rat man jederzeit und überall bauen kann? Er stellt seine Glaubenssätze auf den Prüfstand – aber in jeder Krise steckt die Chance des Aufstiegs.

Als die kleine Tochter zur Welt kommt, sind die beiden längst wieder auf einem guten Weg angekommen. Zwar fragen sich Eva und Thomas gelegentlich, ob diese Berg- und Talfahrt von Gott gewollt war, aber es geht doch am Ende darum, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen. So wird man stark und stärker – und Erfahrungen, seien sie auch noch so tragisch, bereichern uns auf ihre Weise. Man erkennt es aber nicht immer auf Anhieb.

Objektiv betrachtet dürfte das „Gottesspiel“ durchaus höheren Ansprüchen genügt haben: 24 geschmackvolle Lieder im breiten Feld zwischen Pop, Chanson und niveauvollem Schlager, ausgefeilte Choreographien, die ansprechend aufbereitete – wenngleich in der so geballten Ladung dramatischer Lebenslinien zuweilen etwas übersteigert anmutende – Geschichte mitten aus dem Leben und die erstklassigen Leistungen der bühnenerfahrenen Laiendarsteller ließen den Nachmittag zu bester Unterhaltung für die ganze Familie werden. Mittels präziser und frischer Dialoge wurde die tiefsinnige Thematik auf leicht greifbare Weise geschildert. Eine starke Leistung war auch der „Support“ durch die Ehrenamtlichen der Seelsorgeeinheit Hardheim-Höpfingen im Madonnenland: Sie trugen maßgeblich zum Gelingen dieses nicht alltäglichen Ereignisses bei.

adb Rhein-Neckar-Zeitung

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